Conbericht zum Weggefährten 4: Das Erbe der Haenvers

 

Aus dem Reisetagebuch einer Druidin

Wurde die Sonneninsel Dria bei unserer Ankunft wenigstens noch ihrem Namen gerecht, so verschlechterte sich das Wetter zunehmend,
je weiter wir uns Oslandor näherten.Wir, das sind Sahanya die Waldelfe, Kelese, und ich, Celissa, Dienerin Gâyas.
Bereisten Sahanya und ich diese Insel doch das erste mal, so brachte uns der Zufall an Kelese, der schon mit den Gepflogenheiten Drias vertraut.
Froh darüber, dass wir durch unser Auftauchen zwielichtige Gestalten aufgeschreckt und ihn so davor bewarten Opfer eines dreisten Überfalls zu werden, bot er sich an, uns nach Oslandor zu begleiten, da dies auch sein Reiseziel.

Talassa von Haenver, die Freigräfin von Damloor, hatte angesichts des zwanzigsten Iondstag zur Unabhängigkeit Ginoos eingeladen.
Und gar viele waren ihrer Einladung zu kostenloser Speise und Getränke gern gefolgt.
So traf Kelese am Eingang eines kleinen Wäldchens ihm schon wohlbekannte Gesichter: Fuchsauge, die Fährtensucherin, Cassim, den Schreiber
und Finn, den Zauberkundigen. Auch gesellte sich noch Maline, eine Baderin hinzu.
Schnell waren wir miteinander bekannt gemacht und beschlossen den Weg gemeinsam fortzusetzen.

Mittlerweile goss es in Strömen und durchfeuchtete die Kleider, aber zum Glück wussten wir die Taverne Ratte und Rabe schon ganz in der Nähe.
Doch was ist das? Mitten auf des Weges Kreuzung im Wäldchen eine kleine Person.
Was durch den Regensschleier zu erkennen offenbar kein Mensch. Viel zu groß der Kopf im Verhältnis zum Rumpf.
Aus einem Gesicht mit lang gezogenem Kinn und Hakennase, die Haut ledrig runzlig wie die eines alten Apfels und von dunklen Malen übersäht, blickten uns listige Augen an. Unter dem schütteren weißen Haar, die großen spitzen Ohren gut zu erkennen. - Ein Gnom.
Er will den Grund unserer Reise wissen und schaut argwöhnisch in die Runde.

Nachdem er von uns erfahren, dass wir auf dem Weg nach Oslandor sind, tritt er näher.
Ob wir vielleicht Metall gefunden hätten, was wir ihm geben könnten.
Er zeigt uns ein merkwürdiges kleines Stück Erz, mit dem aber niemand so recht etwas anfangen konnte.
Es wäre in diesem Wald zu finden und wir sollten die Augen offen halten. Doch wozu er es braucht will er nicht preisgeben. Nur soviel, dass er schon seit über hundert Jahren hier in diesem Wald ansässig ist.
Angesichts des schlechten Wetters machen wir uns bald wieder auf.
Zu groß doch der Wunsch nach Wärme und den sonstigen Annehmlichkeiten eines Gasthauses.

Ein kurzes Weilchen entlang eines Waldweges gelaufen, die nächste Unterbrechung:
Zwei Orks, im Schlepptau ein gar fürchterliches Wesen. Die Haut von Schuppen, gleich der einer Schlange.
Kampfesbereit mit gezückten Waffen verharren wir zunächst, doch die Schwarzpelze sind nicht auf Streit aus.
Gar unverständliche Dinge faseln sie. Irgendetwas von Wurzelsaft, Oslandor und passieren.
Mit dem Versprechen ihnen welchen aus Oslandor zu besorgen, lassen sie uns tatsächlich vorbei, doch nicht ohne, dass das Schlangenwesen den Geruch unserer Körper eingesogen.

Über eine Steigung quer durch den Wald erreichen wir ein Heldengrab.
Cassim weiß ein wenig darüber zu berichten. Ihm ist der Name Laudan von Arandur, der in Stein gehauen, zumindest nicht fremd und er bestätigt, dass hier ein großer Krieger ruht. Zwar schützt das dichte Blätterdach etwas vor dem Regen, doch wollen wir auch hier nicht lange verweilen.

Noch ein kurzes Stück und der Wald beginnt sich zu lichten.
Auf einer Wiese schon die ersten Zelte und dort dringt das Licht des Gasthauses zu uns herüber.
Eilenden Schrittes hinüber zur schützenden Unterkunft.
Im Schankraum unten empfängt uns sogleich die wohlige Wärme des Kamins.

Auch andere Reisende sind schon eingetroffen. Fürsorglich werden Getränke gereicht und wir lassen uns an einem Tisch nieder,
froh die nassen Kleider endlich ablegen zu können.
Auffällig doch die Ordenskrieger, die kurz nach uns den Schankraum betreten.
Vor allem der eine wirkt so herablassend kalt und doch scheint er nach und nach die Anwesenden nach irgendetwas zu befragen.

Noch bevor er unseren Tisch erreicht, habe ich erfahren, dass es sich bei den beiden Herrschaften um Ordenskrieger der Bendara handelt.
Sie suchen eine junge Novizin ihres Ordens, die letzten Sommer in den Wäldern verschwand.
Der ungewisse Verbleib der jungen Frau noch nicht schlimm genug, hatte sie doch ein wertvolles heiliges Artefakt des Ordens, den Funken der Götter, bei sich.

Nun sind Quästor und Konfessor sehr interessiert jemanden zu finden, der schon das letzte Jahr in Oslandor zu gegen und vielleicht etwas über das Verschwinden oder gar den Aufenthaltsort beider zu sagen weiß.
Bald tritt der eine, Konfessor Rogan, an unseren Tisch heran. Hat er doch Fuchsauge und Kelese wohl wiedererkannt. Sein Vorgesetzter, beobachtet das ganze von einer Bank der Schankstube aus.

Die Antworten von Fuchsauge und Kelese recht knapp:
Ja sie seien wohl im letzten Jahr auch dabei gewesen, wüssten ansonsten jedoch nichts näheres zu berichten.
Der Konfessor solle sich besser an die Herrschaften wenden, die die Novizin als letztes begleiteten.
Schon froh über diesen Hinweis verlassen die beiden Ordensleute die Schankstube, um sich im Vorraum weiter umzuhören, ob jemand dieser Begleiter vorhanden.
Hätten sie eine Ahnung gehabt, wie viel mehr Fuchsauge und Kelese doch wussten...

Immerhin war es Fuchsauge, der der heilige Stein das Jahr zuvor vor die Füße fiel.
Von der heiligen Bendara selbst gesegnet war sie in der Lage ihn an sich zu nehmen.
Und sie war es auch, der die junge Novizin als letzte in den Wald folgte.
Fuchsauge hatte seinerzeit den Stein der Novizin zurückgegeben, damit er Lasla sicher erreiche. Doch da war er nie angekommen.

Aus Furcht in Dinge verwickelt zu werden, die in höchstem Maße kompliziert, wollten sich die beiden nicht direkt den Ordensleuten anvertrauen. So berieten wir erst mal bei einem guten warmen Abendessen im kleinen Kreise.
Da der Quästor durch seine herrische, kalte und abweisende Art uns nicht gerade als der rechte Gesprächspartner erschien, beschloss man sich zu gegebener Zeit dem Konfessor anzuvertrauen.
Doch wie sollte es gelingen ihn alleine zum Gespräch zu treffen, nahm sein Vorgesetzter ihn doch sehr in Anspruch. Es galt einfach eine günstige Gelegenheit im Laufe des Abends abzupassen.

Einstweilen zog sich Kelese mit Sahanya und mir auf unser Quartier zurück, um uns die Geschichte des Funken der Götter noch etwas genauer zu erklären, als es das Lied vermochte, welches eine Bardin zuvor in der Schankstube gesungen. Zeitgleich fand draußen eine Ansprache des Vogtes am Heldengrab statt.
Genaues weiß ich darüber nicht zu sagen, da wir ja nicht dabei gewesen.
Doch dass eine alte Frau seine Rede rüde unterbrochen und mit unschönen Worten den Helden geschmäht, wurde uns dann doch berichtet.

Nachdem sich der Schankraum zum Abend hin mehr und mehr füllte, war langsam die Zeit der Verlosung gekommen. Gar viele hatten schon für ein paar Kupfer einige Lose erworben.
Die Schankmaiden gaben sich redliche Müh, zuerst den Gewinn und dann auch den glücklichen Gewinner zu präsentieren. So fanden Kerzenständer, Kupferkessel und auch Muschel schnell einen neuen Besitzer.

Hatte Kelese die meiste Zeit der Verlosung ruhig neben mir gestanden, reagierte er doch in höchstem Maße seltsam auf die Muschel. Plötzlich war er außer sich, waren doch Bilder aus seiner Vergangenheit düster und verschwommen in sein Gedächtnis zurückgekehrt.

Doch es blieb keine Zeit sich dieser Muschel oder seinem verwirrten Geist anzunehmen.
Die Gelegenheit war günstig. Stand doch der Quästor, allein in ein Gespräch vertieft und Konfessor Rogan ein wenig abseits im Vorraum der Schankstube. Es war ein leichtes ihn nach draußen zu bitten.

Aber schon nachdem wir nur ein paar Worte gesprochen, war uns auch der Quästor nach oben gefolgt. Hastig das Thema auf das Wetter und Geschichten aus der Vergangenheit gelenkt, konnten wir uns doch mit dem Konfessor ungestört auf die Wiese zurückziehen, auf der in einiger Entfernung die Zelte aufgebaut.
Was wir zu bereden hatten konnte keine Zuhörer gebrauchen.

Er schien froh, dass sich nun doch Zeugen fanden und sicherte zu, die Sache vertraulich zu behandeln.
Er zeigte Verständnis, dass wir kein Zutrauen zu dem neuen Quästor, auch wenn es die Sache für ihn nicht gerade einfach machte. Informationen seinem Vorgesetzten zu unterschlagen, sicherlich ein heikles Spiel und dennoch ließ er sich drauf ein. Man verabredete auf jeden Fall in Verbindung zu bleiben und schlenderte schließlich wieder über Belangloses plaudernd zurück zum Haus.

Mir schwirrte der Kopf noch von dem Gespräch mit dem Konfessor, wurden doch hier in aller Kürze noch mal die Vorfälle des letzten Jahres bezüglich des heiligen Steins und seines Verschwindens erörtert.
Obwohl wir bis kürzlich nie etwas vom Orden der Bendarianer, geschweige denn ihrer Heiligtümer, gehört noch gesehen, waren Sahanya und ich doch schon durch die bloße Bekanntschaft zu Kelese, Cassim, Fuchsauge und Finn tief in das Geschehen involviert.
 

Ich zog es vor meine Gedanken in der inzwischen klaren Nachtluft zu ordnen, als plötzlich ein Recke vor der Taverne auftauchte und mitteilte, es würde jemand verletzt und stöhnend am Waldrand liegen. Schnell eilten alle Umherstehenden zu besagter Stelle und tatsächlich. Ein Elf aufs grausamste geschunden, einen Bolzen noch in den Körper gebohrt. Die eine Gesichtshälfte Blut überströmt, da seine Peiniger ihm ein Ohr abgeschnitten, welches er noch fest umklammert hielt.

Vor Ort nur schnell den Bolzen entfernt und die Blutung gestoppt, wurde er der Ruhe wegen in das Zelt der Vana-Priesterinnen gebracht. Sahanya wich nicht mehr von seiner Seite. Zusammen mit den Priesterinnen nahm sie sich seinen Verletzungen an und zog kurze Zeit später auch mich mit hinzu.
Endlich waren alle Wunden an Armen und Beinen versorgt, Rauchwerk linderte seine Schmerzen. Nur bezüglich des abgeschnittenen Ohres konnten wir rein gar nichts für ihn tun. Das Beste wäre nun für ihn der erholsame Schlaf. Doch es dauerte eine ganze Weile ihn in Sicherheit zu wiegen, so dass er ein wenig Ruhe fand. Zu Menschen, wie es schien, hatte er kein Zutrauen.

Gerade wollte ich mich zusammen mit den Vana-Priesterinnen ein wenig zurückziehen, als er mit leiser elfischer Stimme zu sprechen begann. Obwohl mir die elfische Sprache ob meiner Vergangenheit doch zumindest in Teilen vertraut, konnte ich ihm kaum folgen. Zu wirr seine Schilderung, doch seine Angst und sein geschundener Körper sprachen für mich mehr als seine Zunge.

Nachdem die Vana-Priesterinnen von einer Gauklervorstellung, durch Reisendes Volk vor der Taverne, zurückgekehrt, tauchte auf einmal ein Reisegefährte des Elfen auf. Er hatte Quartier im Gasthaus bezogen und so brachte man den Elfen gemeinschaftlich dort hin. Hier würde er wahrscheinlich am ehesten die nötige Ruhe finden.

Derweilen stand im Gasthaus eine Theateraufführung kurz vor ihrem Beginn.
Alle Schauspieler und Leihendarsteller, Cassim war einer davon, hatten sich schon im großen Saal neben dem Eingang versammelt. Und langsam fanden sich auch die Zuschauer ein. Das Stück ging um einen Magier, der im Pakt mit einem Dämonen. Am Ende ernteten alle Darsteller gebührendes Handgeklapper und auch das ein oder andere Kupferstück wurde gerne für die gute Unterhaltung gegeben.

Wollte ich mich doch gerade nach unten zur Taverne wenden, als mich eine junge Frau von hinterrücks ansprach. „Ihr seid doch Celissa?!“ Verdutzt dass sie meinen Namen kannte wandte ich mich ihr sogleich zu.
Sie bat mich ihr auf ein Wort mit nach draußen zu folgen. Dort stellte sie sich als Schülerin meines Lehrmeisters vor. Sie sagte Meister Darian habe einen Auftrag für mich, der äußerst wichtig: Ich solle die Pflanzen mit Namen Feenmantel, Goldlilie und Korallenmoos suchen und daraus einen Trank bereiten. Wenn die Pflanzen gefunden, würde mir ein kleines Ritual Aufschluss über Eigenschaften und zu verwendende Mengen geben. Dies alles müsste binnen der nächsten zwei Monte geschehen. Sie würde mich dann wieder treffen, um den fertigen Trank zu holen. Damit wandte sie sich dann auch zum Gehen.

Meine Frage nach Meister Darians Aufenthaltsort und Wohlergehen beantwortete sie leider nur ausweichend und flüchtig und verschwand mit einem letzten Gruß in der Nacht.
Nun, seis drum. Immerhin ein Kontakt seit langem und dazu ein wichtiger Auftrag, den ich gerne erfüllen wollte. Gleich morgen bei Tageslicht würde ich mich daran machen, die Pflanzen zu suchen.

Doch wie sollte ich sie nur finden, kannte ich mich in der Pflanzenwelt Drias doch gar nicht aus. Völlig fremde Namen, wie sollte ich wissen welches Gewächs sich da hinter verbirgt. Aber zumindest schien mir Goldlilie nicht völlig unbekannt, konnte ich mich an diesem Abend auch nicht klar an Aussehen und Wirkung erinnern.
Gedankenverloren ging ich zurück in die Taverne. Zwar wollte mir einfach nichts zu jener Blume einfallen aber immerhin kam mir die nützliche Idee, Fuchsauge nach den Pflanzen zu fragen.
Hatte sie nicht vorhin noch erzählt sie kenne sich ein wenig mit den hiesigen Gewächsen aus?!
Auf Anhieb wusste sie nichts zu sagen, versprach mir aber sich danach umzuhören.
Mittlerweile war wohl die zwölfte Nachtstunde erreicht, als auf einmal der verletzte Elf, erstaunlich gut bei Kräften, einige Leute um sich scharte, um mit ihnen in den Wald zu ziehn. Mir war nicht ganz klar was er dort suchte, seine Peiniger vielleicht? Aber noch eine andere Person des Waldes erlangte meine Aufmerksamkeit.

Während wir draußen standen traf eine Jägerin am Gasthaus ein.
So nach und nach erzählte sie von einem weißen Hirschen, den sie im Wald suche, schließlich
habe sie noch etwas gut zu machen. Vor über 40 Ionden hätte ihr Herr Papa den Hirschen mit einem Runenpfeil im Auftrag eines Fremden angeschossen.

An seinem Totenbett musste sie nun ihrem Vater versprechen, den Hirsch zu suchen und den Fehler von damals wieder gut zu machen. Sie wollte auf jeden Fall ihr Versprechen halten und so hatte sie schon den gesamten Tag den Wald durchstreift, ohne selbst recht daran zu glauben, das Tier jemals finden zu können.
Doch immerhin, so sagte sie, könnte sie so ihr Gewissen beruhigen es wenigstens versucht zu haben, andererseits wieso sollte sie an den Worten ihres Vaters zweifeln, der sich so sicher war, dass der Hirsch überlebte.

Taten andere die Gestalt des weißen Hirschen vielleicht als Fabelwesen eines Kindermärchens ab, so konnte ich mir ein solches Geschöpf gut vorstellen.
Doch was die Sache mit dem Pfeil anging, hatte auch ich meine Zweifel. Wie könnte ein solches Tier wohl schwer angeschossen all die Jahre überleben? Nun mir blieb nichts anderes, als selber heraus zu finden, was es mit dem weißen Hirsch so auf sich hatte.

Beim ausgedehnten Streifzug durch den nächtlichen Wald haben wir nichts gefunden, als die umherstreifenden Truppen des Inspectorius. Er hatte sich selbst auch aufgemacht, um den Wald nach linooischen Rebellen zu durchforsten, da der Bolzen der den Elfen verletzt, eben ein linooischer war. Außerdem suchte man nach wie vor die Novizin der Bendarianer und den Funken der Götter.

Im Gespräch mit der Jägerin stellte sich lediglich heraus, dass sie eine Armbrust in der Taverne gelassen, die jetzt verschwunden sei. Es kostete sie einige Mühe den Inspectorius davon zu überzeugen, dass sie nicht die Schützin, die absichtlich oder versehentlich den Elfen verletzt.

Nach langer Diskussion entschied man die Unterhaltung doch besser in der Taverne fort zu führen, da die kühle Nachtluft langsam in die Glieder drang. Hier wollte der Inspectorius dann auch gleich noch einen Dolch der Jägerin sich ansehen.

Schon beim Betreten des Gasthauses drang aus der Schankstube lustige Musik. Enrico der Barde war eingetroffen und erfreute die Gäste mit seiner Kunst. Gern wollte auch ich ihm noch etwas lauschen, da sein Ruf ihm weit voraus geeilt. Verstand er es doch vortrefflich alle zum Klatschen und Mitsingen zu animieren, indem er ein Lied
von einem Eichohrkatz angestimmt.
Wie schön Gesang, Musizieren und Stimmung auch war, gegen meine aufkommende Müdigkeit kam ich nicht mehr an. So zog ich mich zurück aufs Quartier. Sanft dringt noch der leise Schall von Gesang an mein Ohr.
Erholt und voller Tatendrang erwache ich am nächsten Morgen. Auf dem Weg zum Frühstück fällt mir dann auch endlich die Gestalt und Wirkung der Goldlilie ein. Natürlich, die kleine Lilie von gelber Farbe, je nach Zubereitungsart verändert sie den Herzschlag, vermag ihn drastisch herabzusenken, vielleicht sogar bis zum völligen Stillstand.

Hatte der Morgen für mich doch ausgesprochen gut begonnen, schien Casssim hingegen bei miesester Laune zu sein. Schlecht geträumt, nur die knappe Auskunft, zog er es vor sich abseits zu setzen und dumpfer Grübelei hinzugeben.

Nach einem guten Frühstück machten wir uns mit einer kleinen Gruppe auf, die Pflanzen und den Stein der Bendara zu suchen, der angeblich irgendwo im Wald versteckt.
Zwar existierte eine Karte, die Fuchsauge durch eine Dorfbewohnerin zugespielt bekam, doch vermochten wir sie nicht ausreichend zu interpretieren. Wir wussten einzig und allein, dass wir das Versteck vor den Ordensleuten der Bendara ausfindig machen mussten, da wir uns nicht sicher waren, ob es recht, wenn der Stein zurück in ihre Hände käme.

Fuchsauge hatte inzwischen herausbekommen, dass Korallenmoos benannt nach seiner roten Farbe und gegen Schlafstörungen Anwendung findet. Feenmantel hingegen von silberner Blüte, dort anzutreffen wo Feenmagie wirkt, in seiner Verwendung allerdings unbekannt.
Noch nicht all zu tief im Wald kam uns bereits eine andere Gruppe entgegen.
Da sie unser Gespräch über Korallenmoos mitbekommen, zeigt mir eine Elfe ein in ein Tuch eingeschlagenes rotes Moos. Das muss die Pflanze sein, die ich suche.

Sie wäre wohl auch bereit gewesen sie mir zu überlassen, doch ein Priester meinte, er hätte noch mehr an einem Baumstumpf ein Stück den Weg hinauf gesehen.
So gingen wir mir dieses zu holen. Und es sollte nicht das einzige Moos bleiben, was zu finden.
Versteckt im Schatten auf totem Holz leuchtete hie und da das Rot der Pflanze.
So gingen wir tiefer in den Wald und bald hatte ich ein Beutelchen voll mit dem Moos.

Zwischen einem Stapel geschlagenen Holzes sah ich mit einem mal ein weißes Bündel.
Sollte darin der Funken der Götter schlummern?
Da mir bekannt, dass nur Gesegnete oder Ordensleute in der Lage, den Stein zu berühren rief ich die anderen hinzu. Im Nu war aus dem weißen Tuch eine Truhe geborgen und sie enthielt tatsächlich den heiligen Stein der Bendara.
Nun galt es äußerst schnell zu handeln, waren doch Quästor und Konfessor bereits dicht hinter uns unterwegs.

Fix ward ein Plan geschmiedet, den heiligen Stein gegen einen gewöhnlichen auszutauschen und einen aus der Gruppe zurückzuschicken, den Ordensleute die Karte zu übergeben, um den Verdacht von uns abzulenken, wenn auffiele, dass der Stein verschwunden.
Fuchsauge wurde bestimmt diese Aufgabe zu übernehmen, hatte es der Quästor ohnehin schon auf sie abgesehen. Finn ging mit zu ihrer Begleitung. Die anderen sollten sehn, dass sie mit dem heiligen Stein, welchen Kelese an sich genommen, das Weite suchen.

Schnell waren beide Taschen seiner Beinkleider mit je einem Schnupftuch so ausgestopft, das
der besondere Inhalt der einen nicht mehr so auffiel und falls doch jemand die Wölbung der Tasche bemerkt, hätte er sich immer noch auf das Schnupftuch herausreden können.
Der Plan funktionierte insoweit wunderbar, als dass wir mit dem Stein verschwinden konnten.
Die Karte zu übergeben war allerdings nicht mehr möglich, da die Ordensleute bereits die Truhe erreicht und geöffnet. Ein ungünstiger Moment zu den Bendarianern zu treten, doch Fuchsauge und Finn taten völlig ahnungslos. Auf die Frage nach dem Rest der Gruppe entgegneten sie nur: Sicher sei man zunächst zusammen losgezogen. hätte sich dann später aber bei der Suche nach Kräutern getrennt.
Anscheinend schenkte ihnen der Quästor Glauben und ließ sie ziehn.
Hatte er doch mit Hilfe seines Medaillons erkannt, dass sie nicht im Besitz des verschwundenen Steins.

Sogleich hasteten Fuchsauge und Finn los, um uns schnellst möglich zu erreichen, bevor es der Quästor noch vor ihnen tat. Als wir über den Verlauf unterrichtet, splitteten wir uns nochmals in kleinere Gruppen, damit wir nicht zu auffällig und der Quästor nicht alle gleichzeitig zu fassen bekäme.
Das letzte Stück zurück zur Herberge lief ich mit Cassim, der nach wie vor schlecht gelaunt und schweigsam.

Die anderen trafen kurz nach uns ein, doch der Funken der Götter, war an einer Stelle im Wald verblieben, die einzig nur Kelese bekannt. Ich kann mich nur im Nachhinein an eine Begebenheit erinnern, als er sagte, wir sollten schon mal vorgehn, weil er grad mal austreten müsse. Da dies jedoch nicht wirklich ungewöhnlich schenkte ich dem weiter keine Beachtung.

Es muss eine wahre Freude für Kelese gewesen sein, als der Quästor mit ausgestrecktem Medaillon auf ihn zu ging und er wahrheitsgemäß antworten konnte, er sei nicht im Besitz des Steins. Und auch keiner von uns anderen hätte etwas über den Verbleib verraten können, da wir das neue Versteck ja nun mal nicht kannten.

Derweilen versammelte der verletzte Elf vor der Taverne alle Heilkundigen um sich.
Sollten sie doch in einem Ritual all ihre Kräfte einen, um das abgetrennte Ohr wieder anwachsen zu lassen.
Nachdem der passende Ort im Wald gefunden und ausreichend Kämpfer zum Schutze postiert, ward mit der rituellen Heilung begonnen. Ich weiß nur eins, dass ich selten zuvor so am Ende meiner Kräfte.

Obwohl kniend, dachte ich, mir würden zwischenzeitlich die Beine versagen, von dem dumpf pochenden Schmerz in meinem Schädel mal ganz abgesehen. Auch den anderen Heilkundigen schien es nicht besser zu ergehen.
Vor allem litt aber der Elf große Qualen. Doch einzig und allein zählt der Erfolg. Am Ende das Ohr war wieder völlig unversehrt angewachsen. Zusammen mit Finn wankte ich zurück zur Taverne.

Hatte ich doch schon vor dem Ritual einen Barden gesehen, der die Blüte des silbernen Feenmantels zur Zierde im Knopfloch seiner Weste trug und von ihm gehört, dass davon wohl noch mehr im Wald, ich wäre hiernach nicht mehr in der Lage gewesen zu suchen. Er aber hatte wohl doch die Dringlichkeit meines Anliegens und auch die Erschöpfung durch das Ritual erkannt und reichte mir die Blüte des Feenmantels einfach so zum Geschenk.
Ich vermag es kaum in Worte zu fassen wie dankbar ich dem Mann in diesem Moment. Nun fehlte lediglich noch die Goldlilie. Doch sie würde sich sicher finden lassen - nach etwas Ruhe.

Die sollte ich vor der Taverne in der Sonne sitzend genießen können. So kam es auch, dass mir Cassims sonderbares Verhalten ins Auge stach. Hatte er doch Federkiel gegen Kampfstab eingetauscht und tobte sich mit selbigem auf der Wiese aus. Nicht aber dass er glücklich zurückkam, nein im Gegenteil. Sein einziger Kommentar nur: Ich kann nicht genug.

Und auf die aufmunternden Worte der anderen hin, es sei noch kein Meister vom Himmel gefallen, reagierte er eben noch mehr niedergeschlagen.
Die berechtigte Frage aber, was denn plötzlich in ihn gefahren, entgegnete er mit solcher Heftigkeit, dass es uns besser schien, ihn in Ruhe zu lassen. Seine schwankenden Launen sollten sich zum Abend hin noch bis ins Aggressive steigern, doch mehr dazu später.
 

Des nachmittags tauchte die Jägerin wieder auf, immer noch auf der Suche nach dem weißen Hirschen.
Mittlerweile wusste ich, dass es ein Lied über selbigen geben sollte, nur gehört hatte ich es bis dahin nicht.
Auch waren mir Gerüchte zu Ohren gekommen, dass im Wald Menschen in Bäume verwandelt ständen.
Da hätten wohl die Feen die Hände im Spiel. Zwei gute Gründe sich abermals in den Wald zu begeben.

Es schienen viele ähnlich zu denken, denn es war eine Vielzahl an Leuten, die in mehr oder weniger großen Grüppchen vom Gasthof gen Wald aufbrachen.
Auf einer Lichtung dann endlich zwei Barden, die hier das Lied vom Weißen Hirschen vom Damloorwald anstimmten und auch noch ein gutes Stück des Weges den wir marschierten sangen.

War ich doch gerade um eine Biegung gekommen, als ich schon den Gnom auf ein paar Holzstämmen, umringt von einigen Recken, sitzen sah. Er war offensichtlich in einer Verhandlung etwas von seinen kleinen Erzstückchen gegen bare Münze einzutauschen. Immerhin war jetzt schon soviel klar, das dieses Metall offensichtlich gegen die Nachtfee wirkte. Nach zäher Verhandlung war er dann endlich bereit auf den Handel einzugehen.

Wieder dem Weg ein Stück gefolgt kam es zu einer merkwürdigen Begegnung.
Lief doch ein Wesen durch den Wald, halb Geisbock halb Mensch. Nackter Oberkörper, zottige Beine und Hörner auf der Stirn. – Ein Satyr! In der Hand einen Kelch und diesen zierend die gelben Blüten der Goldlilie.

Da war sie nun greifbar nah vor meinen Augen und doch zu weit daran zu kommen.
Vom Wein, der den Kelch füllte, schien der Satyr in höchstem Maße berauscht und scharwenzelte anzüglich um jedes weibliche Wesen, wollte er sie doch all zu gern zum Trinken aus seinem Kelch verführen.
Doch diesen Gefallen tat ihm keine.

Einen Moment aber gab er den Kelch in die Hand der Jägerin. Das war meine Chance an die Blüte zu kommen. Schnell pflückte ich eine vom Kelch und atmete ihren süßen Duft ein.
Doch das hätte ich besser wohl nicht getan! Noch fast im selben Augenblick verschwammen mir die Sinne.
In meinem Kopf ganz klar das Bild einer so wunderschöne Frau, die Haare lang und dunkel mit einer hellen Strähne. Sie war so perfekt und großartig, dass ich sie nicht weiter zu beschreiben vermag.

Ein höheres Wesen, das mich rief und dessen Ruf ich folgen wollte. Ja, ihr wollte ich dienen.
Die Welt umher versank im Nebel des Vergessens. Kannte ich nur noch einen Wunsch diese Frau zu finden!
An das, was im Folgenden geschah, vermag ich mich nur bruchstückhaft zu erinnern.

Ich ging wohl los die Frau zu suchen. Kelese, Sahanya, Fuchsauge und Finn wollten mich aber nicht gehen lassen. Sie gaben mir eine andere Blume zu riechen, doch diese war nichts gegen den süßen Duft der Lilie.
Das nächste an das ich mich entsinne, dass Finn mich nach der Lilie fragte, bitte sollte er sich doch auch an ihrem betörenden Duft erfreuen. Doch scheinbar hatte er nicht lange Spaß daran, denn er gab sie mir nach einer Weile wieder. Niemand aber konnte oder wollte mir verraten, wo ich diese Frau finden könnte.

An einer Bank dann endlich zwei, die mein Anliegen verstanden.
Ich solle mich nur einen Moment setzen, während jemand losging die Frau zu mir zu bringen.
Doch wie ich da saß, in froher Erwartung, packten mich starke Arme und hielten mich fest.
Ein Schimmer von Metall vor meinen Augen. Widerstand, Schmerz, schwarze bodenlose Tiefe und dann war auch schon alles vorbei.

Neben mir erkannte ich das Bardenpaar, die mit dem Erz des Gnomen den Bann der Nachtfee über mich gebrochen. Ich war wieder Herr meiner Sinne.Was war geschehen? Hatte ich doch nur an der Lilie gerochen.
Von Finn erfuhr ich dann, das diese mit einem Feenzauber belegt, der mir den eigenen Willen geraubt.
Die Blüte sei in höchstem Maße gefährlich und ich solle mich hüten ihren Duft noch einmal zu atmen.
Froh wieder bei klarem Verstand zu sein, war dies bestimmt das Letzte, was ich wollte.
 

Während ich mich von dieser Erfahrung erholte waren andere bereits damit beschäftigt eine Schrittfolge für ein Labyrinth zu erlernen, dessen Zugang man im Wald gefunden.
Nur wer blind die richtige Schrittfolge gewählt, sollte sehend eine gestellte Aufgabe lösen.

Ich glaube es ging um das Zusammensetzen irgendwelcher einzelner Teile zu einem passenden Gesamtgebilde.
Ich weiß nicht ob zuvor oder nachdem diese Aufgabe erfüllt, es ging so schnell, dass wir von peitschenden Ästen unzähliger Schrate angegriffen. Die einzige Chance ihnen entgegenzuwirken war, sie mit Feuer zu verbrennen. Doch dieses griff schnell auf die umstehenden Bäume und ein jeder musste darauf achten, die züngelnden Flammen zu ersticken, ehe der Wald bedrohlich Feuer fing.

Als dieses halbwegs geschehen und ich mich umwandte traute ich meinen Augen kaum.
Da lag er, der weiße Hirsch, in seiner Flanke ragte dunkel der blutverschmierte Runenpfeil.
Es war kaum noch Leben in ihm, und doch schien der Gesang der Barden und die vielen helfenden Hände ihm neue Kräfte zu verleihen.

Er öffnete die Augen und bald gelang es auch, ihn von diesem grässlichen Pfeil zu befreien.
Waren doch so viele um ihn herum, dass es mir klüger erschien den Ort des Geschehens zu verlassen.
Wie ich später am Abend erfuhr wurde dem Herrn des Waldes seine volle Kraft durch ein großes Ritual wiedergegeben. Das, was ihm vor so vielen Jahren durch den Pfeil entzogen, rückübertragen und mehr noch, sämtliche Feenzauber in ihrer Wirkung aufgehoben.

Zurück im Ratte und Raben wurde ich noch einmal Zeuge jenes merkwürdigen Verhaltens der Leihendarsteller des Theaterstücks. Cassim und ein anderer Recke feindeten sich derart an, dass ich meinte sie gingen einander gleich an die Gurgel, doch es passierte nichts dergleichen.

Das Ritual um den Hirschen vollstreckte sich noch bis in den Abend.
Und so fand ich Gelegenheit mir Gedanken über mein eigenes kleines Ritual zu machen.
Hatte ich doch alle Gewächse beisammen und musste doch nur noch etwas über Wirkung und zu verwendende Mengen herausfinden, so dass ich den Trank tags drauf noch brauen könnte.

Während ich so meinen Gedanken zur Erfüllung der Aufgabe nachging, grübelten die anderen darüber, was nun mit dem Funken der Götter anzufangen. Wieder und wieder hatte der Konfessor doch bei ihnen nachgefragt.
Die beste Möglichkeit wäre es seine Gesinnung und Einstellung zum Orden zu prüfen.
Es gab mehrere Ansätze für ein klärendes Gespräch, doch immer wieder auch Unterbrechungen.

So stürmte bei Dämmerung ein aufgebrachter Recke heran, ginooische Rebellen hätten im Wald eine Frau in ihrer Gewalt. Sie hätte, ob einer unbedachten Äußerung, gegen das Gesetzt verstoßen und gerichtet würde an Ort und Stelle. Höchste Eile war geboten ging es vielleicht darum, ihr das Leben zu retten.

Gelich stürmten viele Kämpfer vor. Als ich am Ort des Geschehens eintraf, standen sie sich schon die Waffen gezückt gegenüber. Sicherlich würden nur noch ein paar Liedschläge vergehen bis das Gefecht wäre ausgebrochen, doch noch wurde heftigst diskutiert.

Ich weiß nicht, welche Seite zuerst die Beherrschung verlor und wills ehrlich gesagt auch gar nicht wissen. Wenigstens konnte sich die Gefangene den Rebellen unverletzt entziehen. Andere hingegen vermochten dies nicht.
Rätselhaft war auch, was wieder in Cassim gefahren, hatte er sich völlig irrsinnig auf einen Kampf eingelassen.
Das Ergebnis eine Vielzahl stumpfer Verletzungen, aber immerhin floss noch kein Blut.
Davon sollte ich doch noch mehr wie genug zu sehen bekommen.
 

Einen unserer Kämpfer hatte es übel erwischt. Schwer getroffen an Rücken, Armen und Beinen, wäre er um haaresbreite seinen Verletzungen erlegen. Doch zusammen mit Sahanya gelang es, ihn wieder halbwegs zu kurieren. Völlig verausgabt hockte ich mich nur neben ihm nieder, dass einer da wäre, wenn er erwachte.
Es dauerte eine ganze Zeit, bis er wieder bei klarem Bewusstsein. Doch wenigstens hatten wir ihm die Schmerzen und gröbsten Verletzungen nehmen können. Mehrmals flüsterte er seinen Dank.

Überrascht stellte ich fest, dass die Kämpfe beendet. Ruhe war eingekehrt, lagen doch alle Rebellen in Fesseln am Boden. Langsam ging man die Gefangenen im hiesigen Verlies abzuliefern.
Hatte sich doch eh morgen die Gräfin angesagt und würde Recht über jenen Haufen sprechen.

Es war bereits tiefe Nacht, als wir endlich unser Gespräch mit dem Konfessor wieder aufnehmen konnten.
Auf die Frage, was er denn mit dem Stein tun würde, bekäme er ihn in die Hände, antwortete er klar und deutlich: Sicher auch er strebte danach im Range aufzusteigen, doch würde er seine Stellung nutzen gar vieles im Orden zum Positiven zu wenden. Einiges läge im Argen und nicht ein jeder hätte die Kraft etwas daran zu ändern. Aber wenn nur einige aufstehen würden, sich gegen diese Missstände stellten und ihre Stimmen laut erheben, wäre viel schon erreicht.

Ich glaube er fühlt sich wirklich berufen diesen neuen Weg einzuschlagen und ihn auch anderen aufzuzeigen.
Er hatte unser Vertrauen gewonnen, doch würde er den Stein nicht behalten können, da er in jedem Fall dem Quästor auszuhändigen war. Seine Einstellung, nach seinem bisherigen Auftreten zu urteilen, erschien jedoch äußerst fragwürdig. Ein schwieriges Problem und doch erschien uns die gefundene Lösung im nachhinein einfach.
Warum nicht den Stein zunächst an den Konfessor übergeben, der ihn dann wiederum an den Quästor weiterreicht.

Streubt er sich den Stein zu nehmen, wären seine Absichten als böse erkannt und der Stein wäre sicher in der Hand des Konfessors. Könnte der Quästor den Funken der Götter jedoch ohne Schmerzen zu erleiden entgegennehmen, würde er in guter Absicht weiter verfahren.
Diese Lösung brachte Kelese ein anerkennendes Schulterklopfen des Konfessors ein: Er würde einen guten Bendarianer abgeben.

So gingen Fuchsauge, Kelese Finn und ich noch in dieser Nacht zusammen mit Konfessor Rogan den Stein zu holen und unser Vorhaben in die Tat umzusetzen. Leider sollte daraus nichts werden, da der Quästor sich schon zur Ruhe begeben. Nun, dann mussten wir uns eben bis zum nächsten Morgen gedulden.
Zuvor sollte aber noch einiges Unvorhergesehene geschehen.

Als ob sie sich verabredet hätten, brachen alle drei Leihendarsteller des Theaterstücks bewusstlos in der Taverne zusammen. Nach außen kein Anzeichen von Gewalt und doch waren sie nicht zu erwecken.
Offenbar hatte ihr Geist gewaltsam eine andere Welt betreten. Es gab nur eine Möglichkeit, eine ihnen nahestehende Person müsse in die andere Welt hinüber und sie zurückholen.
Der Herr des Waldes sei im Stande die Pforten zu jener Welt zu öffnen, doch würde eins der Feuer der Rückkehr erlöschen, so wären die, die hineingingen dort auf ewig verloren.

In jener Nacht versammelten sich ausnehmend alle an dem Portal zu jener anderen Welt.
Nachdem die auserwählten Personen den Einlass gefunden, wallte plötzlich Nebel aus der Pforte und mit ihm fürchterliche Wesen , die danach trachteten die Feuer der Rückkehr zu ersticken.
Hatten sie es doch besonders auf Magiekundige abgesehen, da sie sich anscheinend von ihren magischen Kräften nährten.

Diese Tatsache und die findige Idee des Elfenbotschafters, all diese Wesen auf sich zu lenken, damit auch ja keine Flamme würde erstickt, ermöglichte es allen zurückzukehren.
Der schwarze Magier aus dem Theaterstück, der hinter all jenen Ereignissen stand, musste für sein Versagen jedoch teuer bezahlen. Hatte er’s doch nicht geschafft dem Dämon die versprochenen Seelen zu liefern.

Ein markerschütternder gequälter Aufschrei war das Letzte, was man von ihm vernahm.
Bevor ein jeder doch die verdiente Nachtruhe finden konnte, wurde wohl noch mit vereinten Kräften das Portal zur dunklen Welt geschlossen. Wie erholsam muss diese Nacht doch für diejenigen, die ihre Seele grad rechtzeitig noch gerettet bekamen, gewesen sein. Aus und vorbei aller böser Alptraum.
Kaum dass ich am späten Vormittag des nächsten Tages vor die Taverne getreten, kam schon die Druidin auf mich zu. Sie sei gekommen das Ritual zu begleiten wär, es doch eine Prüfung auf meinem weiteren Weg.
Damit konnte ich mich ja noch abfinden, wenngleich dieser Aspekt auch völlig neu, doch was wollten nur all die Leute die plötzlich hinzugetreten?

Wandte sich beispielsweise zuerst der Elfenbotschafter, an die Druidin und dann auch an mich.
Was das für ein Ritual? Wer mein Meister und wie meine Ausbildung erfolgt?
Er hatte unendlich viele Fragen. Doch warum ausgerechnet jetzt?
Bemüht Ardian Delanion dennoch Auskunft zu geben, erreichten wir den Wald, wo ich den Ort des Rituals auswählte. Die Druidin bat hiernach die Umstehenden um etwas Ruhe für die Prüfung.
Sie sollten ein wenig zurückbleiben und alles andere könnte man noch später klären.

Ich hatte gerade mein Ritual beendet und die Druidin begonnen mir Fragen zu stellen, als die Prüfung unterbrochen. Es war der Elfenbotschafter, der blitzschnell neben der Druidin aufgetaucht und sie in magischen Schlaf versetzt. Zumindest erklärte er sich doch umgehend. Es wären Schriftstücke aufgetaucht, von denen mir auch sogleich eine Abschrift zum Lesen gezeigt, in der es um schweren Verrat und Intrige ginge. Es wäre möglich, dass diese Druidin damit in Zusammenhang stünde. Es könnte mein Leben oder auch das der anderen in Gefahr sein.

Während ich versuchte den Inhalt der Schriften zu erfassen, begann er die Gesinnung der Druidin zu prüfen. Konnte aber nur sanfte Naturmagie feststellen. Ich konnte ihm meinerseits auch nur sagen, dass ich zwar nicht wüsste wozu dieser Trank gebraut werden solle, es aber keinen Grund gäbe am rechten Ansinnen Meister Darians zu zweifeln.
Auch wenn ich im ersten Moment über das Verhalten des Elfenbotschafters verärgert, konnte ich doch die Beweggründe seines Handelns nachvollziehen und respektiere seine Entscheidung zur Unterbrechung.

Nachdem nun aber geklärt, dass hier alles in bester Ordnung, erweckte er die Druidin umgehend und nach einer weiteren Entschuldigung wurde die Prüfung fortgeführt.
Wusste ich nun, das Feenmantel den Zugang zu einer anderen Welt bedeutete und mir Goldlilie in einer zu hohen Menge eingenommen das Leben nähme, so schwer war für mich die letzte Frage zu beantworten.
Wäre ich bereit den Trank zu brauen, zu trinken und den Weg zu beschreiten, der Erkenntnis aber vielleicht auch den Tod bereithalten könnte?

Blitzschnell zogen die Bilder der letzen Tage vor meinen Augen vorbei, der weiße Hirsch, die Feen, der Schwarze Magier, der Dämon ... Kaum war es mir möglich einen klaren Gedanken zu fassen und dennoch galt es hier und jetzt eine Entscheidung zu treffen.
Erkenntnis oder Leben? Was bedeutete mir mein Leben? Wär ich bereit es der Erkenntnis zu opfern?
Es war die ruhige Stimme der Druidin, die mich aus diesem Gefühlschaos zurückholte.
Musste ich doch nur im Gespräch mit ihr bleiben und alles würde sich zum Guten wenden.
Etwas stockend beginne ich das auszusprechen, was mir gerade durch den Kopf geht.
Ich hänge doch an meinem Leben. Nun das ist auch gut so, ihre Antwort, aber Leben ist nur ein Teil des Kreislaufs. Der Kreislauf! Ja ich bin nur ein Teil in ihm, Leben und Tod vereint im Kreislauf. Ist es nicht meine Pflicht als Dienerin Gâyas genau diesen Kreislauf zu erhalten, nach Ausgleich und Gleichgewicht zu streben?

Wenn Tod nur der Ausgleich zum Leben, was soll mir dann schon geschehen, außer der Möglichkeit hierzu Erkenntnis zu erwerben. So lautet meine eigene freie Entscheidung am Ende: Ja, ich werde den Weg des Trankes gehen! Damit ist die Prüfung vorbei.

Lächelnd sagt die Druidin nur, ich hätte großen Mut bewiesen diese richtige Entscheidung zu treffen und sei nun einen großen Schritt weiter in meiner Entwicklung. Meister Darian wäre stolz auf mich und lässt nun durch sie eine Aufmerksamkeit überreichen. Sie bittet mich das Geschenk kniend entgegenzunehmen und fährt fort, sie wüsste, dass es neue Fragen aufwerfen würde, aber ich sei nun bereit mich diesen zu stellen.
Sollte ich doch auch künftig immer nur an den Ausgleich und diese Prüfung denken. Das will ich tun.

Doch bevor ich mich dem Inhalt jenes geheimnisvollen Stoffpäckchens allein und im Wald annehmen will, gilt es sich erst noch bei allen Umstehenden zu bedanken. Haben sie doch alle allein durch ihre Anwesenheit mir bei dieser Prüfung beigestanden. Dennoch ist es mir zugleich ein Bedürfnis mich vor den vielen Augenpaaren, die das Geschehen bis hierhin verfolgt, zurückzuziehen.

So glaube ich, ist die Bitte mich einen Moment alleine Verweilen zu lassen, damit ich wieder zur Ruhe käme, den meisten verständlich und sie respektierten meinen Wunsch. Nach kurzer Zeit bin ich allein.
Zuerst einmal nehme ich meine Runensteine auf und werfe dann einen Blick in das Päckchen. Gehüllt in Stoff ein Ritualdolch und ein Schreiben noch dazu. Und es ist genauso, wie die Druidin es sagte. Einerseits Auskunft über den Dolch, andererseits nun eine Menge an Fragen, die es irgendwann künftig gilt zu enträtseln.

Wie ich dann zurück zur Taverne kehre, komme ich gerade rechtzeitig zur Übergabe des heiligen Stein.
Viel Volk hatte sich um die Ordensleute versammelt, als Kelese vortritt und wie abgesprochen den Funken der Götter an Konfessor Rogan übergab.Der Wiederum reichte ihn dem Quästor. Was würde im nächsten Liedschlag geschehen?

Ruhig hält der Quästor den Stein und sinkt dann auf die Knie. Die Kräfte des Steins scheinen in ihm zu wirken. Mit einem Male erkennt er, dass einiges falsch im Orden, dass er vielleicht auch Fehler gemacht.
Es ist als wolle sich alles zum Guten wenden, doch er brauche nun Zeit zum Meditieren und Nachdenken.
Damit zogen sich beide Ordensleute zurück, nicht aber ohne dass sich Konfessor Rogan noch einmal persönlich bei all jenen bedankt, die den Stein zurück zum Orden brachten.

Es verging nur eine kurze Weile bis dass die Gräfin dann auch in Oslandor eingetroffen.
Gut geschützt durch ihre Garde, nimmt sie im Schatten ihres Pavillon sitzend die Verhandlung gegen die ginoischen Rebellen auf. Während noch Zeugen dabei sind die Ereignisse der Auseinandersetzung der letzten Nacht zu schildern, die den Junker und seine Mannen schwer belasten, platzt ein Recke in die Verhandlung.
Das Grab des Helden sei geschändet, es wär frisch aufgebrochen und alles verwüstet. Weit könnte der Übeltäter jedoch noch nicht sein. Ein jeder der interessiert den Frevler zu fassen, solle ihn doch schleunigst
Zum Wald begleiten.

Da ich mit dem Wald als Lebensraum vertraut, entschied ich mich mit vielen anderen zu folgen, vielleicht würden sich Spuren finden lassen.
Das Heldengrab offen und leer, die steinerne Platte achtlos daneben liegen gelassen, Blumen und Kranz im Umkreis verstreut. Vom Täter zunächst keine Spur. Doch schließlich fiel ein Recke auf, der ein Schwert mit sich führte, was dem Heldenschwert, welches aus dem Grab gestohlen, aufs Haar genau glich.

An die Ausrede dies sei nur eine gute Kopie nach dem Heldenschwert angefertigt, wollte wohl niemand so recht glauben. Und dennoch verblieb keine Zeit hiernach weiter zu forschen, kam doch Cassim angerannt und berichtete atemlos, dass ein untotes Wesen auf dem Gerichtsplatz wütete. Also zurück!
 

 

Hatte der Untote zwischenzeitlich fast die gesamte Garde der Gräfin niedergestreckt und obwohl der Junker ein Aufständischer, hatte er doch ehrenhaft das Leben der Gräfin mit seinem eigenen verteidigt.
Es war jedoch nicht die Gräfin, die den Zorn der Kreatur auf sich gezogen, sondern jener Recke welcher das Schwert aus dem Grab entwendet. So war Laudan von Arandur von den Toten zurückgekehrt sich zu holen was sein.

Wie es gelungen den untoten Helden zu beschwichtigen weiß ich nicht genau, da ich mich umgehend den verletzten Wachen der Gräfin annahm. Dem Dieb aber wurde das Schwert abgenommen und Finn losgeschickt es wieder zum Grabe zu bringen. Daraufhin verschwand dann wohl der untote Held zurück in seine Ruhestätte.

In der nachfolgenden Verhandlung versuchte man dem Dieb zu entlocken, wer ihm den Auftrag gab das Schwert zu stehlen, da man vermutete, dass ein Zusammenhang zu jenem politischen Intrigenspiel, welches durch die gefundenen Schriftstücke aufgedeckt. Doch letztendlich war es die Gräfin selber, die alle Vorwürfe gegen ihre Person in Sachen Verrat und politischer Intrige entkräftigte.

Auch gestand sie dem getöteten Junker ein angemessenes Begräbnis zu, da er sich in seiner letzen Handlung höchst ehrenhaft verhalten. Damit war wohl alles gesagt und Gräfin mit dem Rest ihrer Garde zogen von dannen.
Die drei Tage Feierlichkeiten angesichts des zwanzigsten Iondstag zur Unabhängigkeit Ginoos damit beendet.
Nach und nach machten sich auch alle geladenen Gäste wieder auf gen Heimat.

So will ich mit meinem Bericht hier enden, doch eins scheint mir schon jetzt gewiss:
Diese Reise nach Dria wird sicher in guter Erinnerung bleiben und sollte sich die Gelegenheit bieten einmal wieder zurück zu kehren, ich werde es mit großer Freude tun!

Aufgeschrieben von
Celissa, Dienerin Gâyas
im 8. Monat des Jahres 2001